Willkommen auf der ARCHIV-Seite des Bullinger-Jubliäums vom Jahre 2004
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Bullinger und Moynier (deutsche Version)

Bullinger, Moynier „und ich, und ich, und ich“.

1531, Heinrich Bullinger wird im Alter von 27 Jahren zum Antistes von Zürich, das heisst zum Dekan der Pfarrer ernannt.

Es war an der Zeit. Die Reformierten in der Schlacht von Kappel geschlagen, Huldrych Zwingli getötet; Das bedurfte eines soliden Mannes, um die Zukunft der Reformation in der Schweiz zu sichern.

1864, Gustave Moynier übernimmt die Präsidentschaft des neu gegründeten Internationalen Komitees vom Roten Kreuz.

Es war an der Zeit. Henry Dunant, Urheber einer genialen Idee, doch der Korruption verurteilt und von der Genfer Bevölkerung gemieden, lief Gefahr die aufblühende Bewegung in Misskredit zu bringen.

So wird Bullinger, Sohn des Priesters von Bremgarten während 44 Jahren, bis 1575, massgeblich die Reformation in seinem Land umsetzen und zu dessen Behauptung in Europa beitragen.

So wird Moynier, Nachkomme von im 18. Jh. nach Genf geflüchteten Hugenotten während 46 Jahren, bis 1910, Haupttriebfeder der Bewegung des Roten Kreuzes sein.

Bullinger, der Pfarrer, Moynier der Jurist, zwei aussergewöhnliche Schicksale, zwei meist nicht beachtete doch eben unentbehrliche Männer.

Der erste wusste die militärische Niederlage zu überwinden, den Frieden zu begründen und in all dem die Freiheit der Wortverkündigung zu bewahren. Er gab der Kirche eine lebensfähige Disziplin. Ihm gelang es der Reformation, welche in der Schweiz von katholisch beeinflussten Strömungen sowie von täuferischen Tendenzen stark in Frage gestellt war, eine Grundlage zu garantieren. Sein Sinn für Kommunikation – ihm verdanken wir etwa 12'000 Briefe – die Klarheit seiner theologischen Ansichten – er ist Verfasser eines wahrhaften Manifestes, nämlich der „confessio helvetica posterior“, des zweiten helvetischen Bekenntnisses, – machten aus ihm einen europäischen Reformator, der massgeblich dazu beitrug die Bewegung in allen Teilen des alten Kontinents zusammen zu schweissen.

Der zweite wurde kraft seiner Geduld, Überzeugung, Diplomatie und Beharrlichkeit, der Mann, dem das IKRK wenn nicht seine Existenz, so doch wenigstens seine Substanz verdankt. Er steht am Ursprung der Entwicklung des internationalen humanitären Rechts und hat weitgehend dazu beigetragen die Bewegung des Roten Kreuzes in der ganzen Welt zu lancieren.

Die Geschichte behält die Namen der Gründer wie die Zwingli, die Dunant im Gedächtnis, unerwähnt bleiben die Bullinger oder die Moynier. Ohne diese Erbauer wären jedoch ihre Ideen, ja ihr Genius, niemals so erfolgreich gewesen und hätten auch nicht zu so bedeutenden Resultaten geführt.

Und ich, im Schatten dieser Riesen?

„Und ich, und ich, und ich“, so sang 1966 ein Jacques Dutronc enttäuscht und drückte damit beides im gleichen Atemzug aus, das persönliche ich und das kollektive wir.

Und was wird aus uns?

Die Geschichte wird nie mehr als einige Namen wie die der Zwingli und Dunant im Gedächtnis behalten. Also gleich viel gilt sich auf der Seite der Erbauer, dieser Antihelden, welche die Bullinger und die Moynier sind einreihen und dazu beitragen mit ihnen, ein bisschen mehr, Stückchen für Stückchen, das gemeinsame Gebäude zu konstruieren.

Michel Baumgartner
(Übersetzung: Marika Kober)